Genetische Gesundheitsprophylaxe beim Border Collie

Genetische Gesundheitsprohylaxe beim Border Collie - Möglichkeiten der Fehlervermeidung in der Zucht

 

Wie jede andere Hunderasse trägt auch der Border Collie in sich Erbanlagen für verschiedene erbliche Erkrankungen. Zu den allseits bekannten und seit längerer Zeit untersuchten gehören die Hüftdysplasie (HD) und Augenerkrankungen wie Collie Eye Anomalie (CEA) und die schwächere Form der Choroidal Hypoplasia (CH), Progressive Retina Atrophie (PRA) und Katarakt (Kat.).

 

Untersuchungen auf diese Erkrankungen sind vor Zuchteinsatz eines Border Collies vorgeschrieben und sinnvoll.

 

Weitere erbliche Dispositionen bestehen für Ellenbogendysplasie (ED), Osteochondrosis dissecans (OCD), Spongilose, Neuronal Ceroid Lipofuscinosis (CL), Trapped Neurophil Syndrome (TNS), Taubheit, Epilepsie. Dies ist nur ein kleiner Berich der erblichen Erkrankungen, die beim Hund vorkommen können. Glücklicherweise ist der Border Collie ein sehr ursprünglicher Hund, der trotzdem recht robust und gesund ist.

 

Vererbung von Erkrankungen

Nicht jede Erkrankung tritt aber beim Hund selbst zutage. Unbestritten ist, dass es sogenannte „Träger“ (Carrier) für verschiedene Krankheiten gibt, die erst dann auffallen, wenn sie mit einem weiteren Merkmalsträger dieser Erkrankung  Nachwuchs haben, welcher die jeweilige Erkrankung dann zeigt. Diese Vererbungsart nennt man Rezessiv. Beim rezessiven Erbgang setzt sich das dominante gegen das mischerbige/rezessive Merkmal durch, hier kann es nur erkrankte Welpen geben, wenn entweder ein Merkmalsträger/Carrier mit einem weiteren Merkmalsträger/Carrier verpaart wird oder ein erkrankter Merkmalsträger/Affected mit einem ekrankten Merkmalsträger/Affected oder einem Merkmalsträger/Carrier verpaart wird.

Dieser Erbgang liegt nach dem derzeitigen Stand der Forschung bei CEA/CH, CL und TNS nachweislich vor.

Wichtig zu verstehen ist, dass ein Träger/Carrier ein vollständig gesunder Hund ist, dessen Trägereigenschaft ausschließlich bei Zuchtnutzung die entsprechende Sorgfalt bei der Partnerauswahl gebietet.

 

Leider sind die Erbgänge für  z. B. HD, ED, OCD, Patellaluxation, Epilepsie, etc. nicht völlig erforscht und zusätzlich von Umweltfaktoren in ihrer Ausprägung beeinträchtigt. (z. B. Aufzucht, Haltung, Bewegung - Verschleiß) Bei diesen und anderen Erkrankungen gibt es sowohl erbliche als auch erworbene sich gleichende Krankheitsbilder, hier ist als Beispiel die Epilepsie genannt.

 

Wissen um erbliche Erkrankungen

Das Bewußtsein, dass unsere Hunde unerwünschte Erbkrankheiten tragen und weitergeben können, führt in Folge dazu, dass wir diese als Züchter vermeiden wollen. Keiner möchte kranke Hunde züchten. Das Leid, das eine Erkrankung des Hundes sowie die zumeist nötigen Einschränkungen (sei es die physische, psychische oder auch nur die finanzielle Belastung) bei den Besitzern und den Tieren verursachen können sind in manchen Fällen durchaus zu vermeiden.

 

Zur Geschichte

Die meisten Krankheiten die bei unseren Hunden auftreten sind nicht „neu“ erfunden, sondern haben erst in den letzten Jahren eine sowohl medizinische als auch genetische Transparenz erfahren. Aus „Lahmheit“ wurde HD, das gefürchtete „Welpensterben“ in vielen Linien wurde als TNS enttarnt.

Gehen wir zurück in die Umwelt, in der unser Border Collie entstand.

Der Überlebenskampf der Farmer ist auch der der Hunde. Zumeist in einfachsten Verhältnissen gehalten, nach Leistung und Härte selektiert . Die Welpen wurden draußen in Stallungen/Scheunen aufgezogen, Futter waren meist Kartoffeln, Brot/Getreidebrei und Milch, Schlachtabfälle und verendetes Vieh waren Hundefutter. Fleisch stand eher selten auf dem Speiseplan der Farmer und deren Hunde- kranke Hunde oder solche, die nicht arbeiteten, konnten sich die Menschen einfach nicht leisten, kränkelnde Welpen wurden erst gar nicht groß, nur wer fit und leistungsfähig war überlebte und schaffte es sich u.U. fortzupflanzen. „Überzählige“ Hundewelpen wurden „beseitigt“.

Im Gegensatz zu früher haben wir heute viele Möglichkeiten unseren Hunden und deren  Welpen das Leben, den Start in selbiges oder auch Defizite zu erleichtern/auszugleichen: Rotlicht, geheizte Räume, Desinfektionsmittel, Impfungen, angepasstes Futter, Milchaustauscher, Medikamente, Antibiotika, Therapien,....

Somit erklärt sich, dass an Stelle der Zuchtauslese durch die Natur der Mensch getreten ist, der ganz andere Maßstäbe anlegt. Viele Hunde, die früher nicht das Erwachsenenalter erreicht hätten, sind heute gefragte Vertreter ihre Rasse und hochprämierte Vererber...und geben ihr genetisches Potential inclusive der evt. nicht auffälligen Probleme/Erbschäden weiter.

Auch enge Linienzucht/Inzucht führt dauerhaft zur Einschränkung des Genetischen Potentials und zur Häufung von Problemen.

 

Möglichkeiten der Prophlaxe

Etliche Untersuchungen geben Gewissheit über die Gesundheit der Hunde. Daher ist es ratsam, VOR Zuchtnutzung diese Daten zu erheben. Hierdurch kann die Partnerwahl auch mit gesundheitlichem Hintergrund gestaltet werden. Mit den HD-Werten wird dies seit vielen Jahren erfolgreich praktiziert.

Durch intensive Forschung ist es der Wissenschaft gelungen, das genetische Potential in Bezug auf verschiedene Erbanlagen für Merkmale und Krankheiten zu isolieren und zu entschlüsseln. Genannt seien hier die Farbvererbungsbestimmung und der Gentest für CEA/CH, CL, MDR1-Defekt und TNS. Geht der Hund nicht in die Zucht, dann sind genetische Untersuchungen, in den meisten o.g. Fällen mit Ausnahme des MDR-1 Defekts (z.B: bei nicht untersuchten Eltern) nicht notwendig.

EIN GUTER ZÜCHTER INVESTIERT IN DIE GESUNDHEIT SEINER HUNDE

-  und seiner Nachzuchten. Das Bedeutet für mich, dass ich wissen will, was ich tue/züchte. Und da sich schlecht in den Hund „reingucken“ läßt wird der Hund sowohl umfassend untersucht und geröngt, als auch genetisch „ausgewertet“. Weiß ich dann den genetischen Status und die gesundheitlichen Dispositionen, zusätzlich zu privaten Daten wie Arbeitsfähigkeit und Leistung, Optischen Gegebenheiten, Fellfarbe/Form, Gebäude, Gangwerk, Wesen und die Ahnenreihe, so kann ich mich daranmachen einen entsprechenden Partner zu suchen.

Jedes Testergebnis, jede Eigenschaft ist nur eines von vielen Merkmalen, die neben dem persönlichen „Geschmack“, privaten Beziehungen, und Möglichkeiten eine Rolle in der Zucht spielen. Sie und alle sonstigen Eigenschaften gehören zum Gesamtbild des Hundes. Auch ein Träger ist ein vollkommen gesunder Hund und u.U. wertvolles genetisches Potential für seine Rasse. Genetische Vielfalt erhält eine Rasse gesund. Daher ist ein jedes (genetisches) Ergebnis ein gutes Ergebnis- ganz einfach weil wir es haben und nutzen können- und dadurch Fehler vermeiden werden bevor sie passieren.

Sicher ist dies ersteinmal mit perönlichem und finanziellem Aufwand verbunden. Aus eigener Erfahrung kann ich aber sagen, dass diese Investition sich schon allein für die Gesunderhaltung unserer Hunde lohnt.

Niemand muss mehr CEA/CH, CL, TNS kranke Hunde züchten. Kein Border Collie muss mehr an diesen Erkrankungen leiden/sterben. Wer lieber seine aktiven Zuchttiere nicht testet (insofern sie nicht von genetisch frei getesteten Eltern abstammen) und ungetestete Partner wählt, der tappt nicht nur im Dunkeln, riskiert nicht nur kranke Welpen, sondern kann auch, wenn vermeidbare erbliche Schäden auftreten u.U. nach dem Gesetz haftbar gemacht werden.

 

Transparenz

Je mehr Wissen man hat, desto besser kann man züchten.

Es gibt eine offizielle DNA Liste, neben der Liste der Untersuchungsergebnisse, die unsere Zuchtbuchstelle auf der Seite des Clubs (www.cfbrh.de) präsentiert.

Unter www.bordercolliehealth.com finden sich weltweit getestete und gesammelte offizielle Auswertungsergebnisse. Jeder, der seinen Hund ausgewertet hat, sei angeraten, diesen hier registrieren zu lassen. Es ist keine „Schande“ einen Träger/Carrier der befallenen Hund  zu haben, evt. züchterisch zu nutzen/ im Falle eines Befallenen/Affected unwissentlich genutzt  oder gezüchtet zu haben, und es zeugt von wenig genetischem Verständnis andere Hunde aufgrund eines solchen Ergebnisses schlechtzureden, deren Besitzern den Mut zu nehmen, selbige Ergebnisse publik zu machen, oder gar diese zu mobben.

Es ist (zum Glück) eines jeden Hundebesitzers eigene Entscheidung mit seinem Hund zu züchten (nach den Regeln des Zuchtverbandes! und nach erfolgter Körung/Zwingerabnahme!) solange er versucht GESUNDE und Wesensfeste Hunde zu züchten. Dabei spielt es definitiv keinerlei Rolle wieviele Generationen Träger/Carrier gezüchtet werden.

Wenn nur ein Trägermerkmal auftritt, dann ist das sicher kein Grund deshalb einen Hund aus der Zucht zu nehmen. Sollten dazu jedoch mehrere Probleme kommen (Wesen, Vererbung von z. B. Einhodigkeit, etc.), so wird jeder Züchter seine eigene Verantwortlichkeit nutzen müssen und entsprechende Entscheidungen treffen.

Wir dürfen nicht den Fehler machen, den Hund auf nur eine Merkmalsgruppe hin zu selektieren. Nicht allein das Wesen, die Arbeitsfähigkeit , der Showerfolg oder die Gesundheit sind ein Garant für den „idealen“ Zuchthund beim Border Collie, sondern die Gesamtheit des Hundes in allen Bereichen muss beachtet werden.

Unter o.g. Liste gibt es Links  für die einzelnen Gentests. Wer Probleme mit der Sprache (oft Englisch), dem Ausfüllen der Formular, kein Internet, etc. hat, der darf sich gern vertrauensvoll an erfahrene Züchter/Halter, Rassebetreuer oder auch an mich wenden.

Folgende Tests sind derzeit möglich CEA/CH, CL Test  www.optigen.com

TNS,CL Test  University of NSW (AU) Dr.Alan Wilton näheres auf der Seite www.bordercolliehealth.com. Unter TNS, e-mail für Fragen: a.wilton@unsw.edu.au a.wilton@unsw.edu.au MDR-1 Defekt hier gibt es entsprechende Kontakte/Formulare über unsere Clubseite www.cfbrh.de Anbieter sind die

Uni Gießen, Frankfurter Straße 107, 35392 Gießen,  e-mail: joachim.m.geyer@vetmed.uni.gießen.de

Geocanin Universität Kassel Heinrich-Plett-Strasse 40, 34109 Kassel

Laboklin GmbH&Co.KG Steubenstrasse 4, 97688 Bad Kissingen

 

Farbgenetische Bestimmung

Merlefaktorbestimmung  www.vita-tech.com Vita-Tech Laboratories, DNA Diagnostics Division, 1345 Denison Street Markham Ontario Canada L3R5V2

Epilepsie: In Forschung (endlich!):

Hier wird 2ml venöses Blut von erkrankten, verwandten aber auch völlig gesunden Hunden zur Forschung dringend benötigt.

hier die Links: http://www.genetics.unibe.ch/content/e2353/e2786 

Dr. Tosso Leeb Universität Bern | Institut für Genetik | Postfach 8466 | CH-3001 Bern

 

Auch für uns Züchter ist mit diesen Möglichkeiten eine neue Ära angebrochen. Bleibt es an uns diese Möglichkeiten zu nutzen und die Entwicklung zu unterstützen. Gemeinsam und ohne gegenseitige Ausgrenzung zum Wohle der Gesundheit unserer geliebten und hoffentlich weiterhin so vielfältigen Rasse Border Collie.

 

Elke Hirsch

Border Collies von der kleinen Arche